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Jan, Teil 1, Das Opfer

by Lexparker


Es ist nicht meine Geschichte, die ich da erzähle, aber sie geht mir so nah, dass ich sie fast so erzählen kann, als sei sie meine eigene. Deshalb halte ich mich befugt dazu, sie dem Leser zu berichten. Die Menschen, die darin vorkommen, sind mir bekannt, manche sogar sehr gut. Aber weil nicht sie diese Geschichte erzählen werden, sondern ich, kann ich tabulos schreiben. Ich kann ihre Empfindungen und Gefuehle beschreiben, die sie selbst nicht zugeben wuerden.

Es ist vor allem die Geschichte von Jan. Er hat blonde Haare, die im ins Gesicht hängen, manchmal ist er unrasiert, was ihm einen verwegenen Eindruck gibt, aber das ist lächerlich, er ist jung, er ist 22, er probiert sich aus, er spielt mit dem Feuer, nimmt manchmal Drogen, Ecstasy, mitunter stiehlt er, aber nur von Reichen, sagt er. Dabei kommt er selbst aus gutbuergerlichem Hause, aber seine Eltern sind geschieden, sein Vater ist kalt wie ein Eisblock, aber Pädagoge, seine Mutter macht vieles richtig, aber sie ist hysterisch. Jan lebt in einer WG mit zwei Frauen.

Am 1. Mai gab es keine grossen Randale in Kreuzberg, aber doch Pflastersteine, die flogen, Alkohol, der im UEbermass floss, Fäuste, die durch die Luft wirbelten und zuschlugen. Jan war in einem Pulk, betrunken, aber nur leicht. Unrasiert, ja, die Haare wuschelig, kuehn geworden, irgendwas war in ihn gefahren, er warf mit Steinen gegen Schaufenster, die zersprangen, und ein Stein traf einen Kopf. Er sah den Kopf, der kippte mit dem Koerper daran, aber Jan, den Steinwerfer, den sah man nur so eben in der Menge. Und er rannte wie ein Teufel, Polizisten hinter ihm her, sie verloren ihn, oder auch nicht, es war laut und Jan lief durch Treppenhäuser, die Polizisten wieder hinterher und oben da ruettelte Jan an Tueren, doch keine oeffnete, am 1. Mai oeffnet ja kaum eine Tuer in Kreuzberg, dann huschte Jan ganz nach oben, ganz ausser Atem, Angst hatte er, ich glaube, wie noch nie in seinem Leben, und Schweiss stand ihm im Gesicht und Tränen wohl auch. Und sein Herz galoppierte bis zum Hals, und er wäre vor der Tuer zusammen gebrochen, wenn sie nicht geoeffnet worden wäre.

So sank er nieder vor dem Mann, der ratlos schien, in seinem Bademantel und der ein Glas Wein in der Hand schwenkte, als mache er gerade eine Probe. Jan kniete vor ihm, aus Erschoepfung, aus Verzweiflung. Am schweren Atem des Jungen begriff der Mann die Situation und dann hoerte er auch die wuchtigen Schritte, die Männer, die die Treppe nach oben liefen. Und er sah den traurigen Blick des Jungen, der ruehrte, der Junge, der immer noch zusammengekauert da lag, fast kniete vor dem Mann, als muesse er ihn um Vergebung bitten. Und als es dann laut an der Tuer klingelte, und die Rufe Polizei, Polizei an sein Ohr drangen, sah er den verängstigten Jungen zu seinen Fuessen an, legte den Zeigefinger auf die geschlossenen Lippen und bugsierte ihn leise hinter sich, schob ihn hinter die nächste Tuer ins Schlafzimmer.

Der Mann oeffnete die Haustuer. Er hatte wohl seine Bademantel etwas lockerer geknuepft. Die Polizisten in gruener Uniform sahen eine staatliche Erscheinung. Einen Mann von Ende 40, stämmig, gross, die Brust haarig, das Glas Wein in den sehnigen Händen. Der Blick schien so verwundert, und auch so pikiert gerade jetzt gestoert zu werden, „Was wollen Sie hier?", dass sich die Beamten beinahe schämten, wenn sie nicht gewusst hätten, wie wichtig es war, den Straftäter, der vielleicht, wenn es schlecht hinkommt, jemanden getoetet hatte, zu fassen. Sie hakten mehrmals nach, es gab Woelfe im Schafspelz, vielleicht diesen.

„Nein niemanden gesehen, niemanden gehoert." Solche Männer hatten Fuehrungspositionen, sie fegten selbst mit harter Hand. „Was wollen Sie noch, wollen Sie meine Freundin im Bett sehen?"

So aufgebracht und auch selbstsicher war die demonstrierte Autorität, dass sich beide Beamten nun auf einmal einig waren, hier nicht weiter forschen zu muessen, schliesslich zerrann die Zeit und noch andere Tueren warteten.

Der Mann nippte vom Wein, wunderte sich ein weiteres Mal, wie leicht Menschen zu manipulieren waren, ging in die Kueche, holte ein zweites Glas vom Regal, fuellte es und kam so ins Schlafzimmer. Jan, frech, unbekuemmert und kuehn, hatte nun all dies verloren. Er sass auf dem Bett, den Kopf in seine Hände gelegt, so blickt er schliesslich hoch auf die nackten Beine des Mannes, den schwarzweisskarierten Bademantel, die ausgestreckten Hände, die das Weinglas hielten. Er trank viel zu schnell, und in seinem Magen floss alles zusammen. Alkohol, der Rausch, die Willenlosigkeit des Geretteten, die Angst, die noch nicht wusste, wohin sie sich schleichen soll, den in der Ferne waren die Polizisten noch zu hoeren. Im Treppenhaus.

Jan liess sich nach hinten aufs Bett fallen. Die Beine, die in der ausgewaschenen Marken-Jeans mit Schlag steckten, waren gespreizt, der Tshirt-Stoff rutschte aus der Hose, der Nabel war gepierct, kein Haarflaum war dort. Der Junge hatte Sommersprossen, und alles erinnerte den Mann an einen Videoclip bei MTV.

Was bekomme ich als Belohnung von dir, fragte er, scheinbar im Scherz, aber es war ernst gemeint.

Jan lächelte, und weil er draussen noch immer die Polizisten laut reden hoerte, erstarb sein Lächeln sofort.

Der Mann war muskuloes, das sah man selbst im Bademantel. Ich kenne diese Situation nicht, dachte der Junge und versuchte zu lächeln. Was tut man da? Er stand auf, spuerte aber das er schwächelte, irgendwie erledigt, wie ein Wild, das man bis zur Erschoepfung durch den Wald gehetzt hatte und der Mann war groesser als er. Du kannst ja noch nicht gehen, sagte der.

Ja, sagte Jan schwach, als sei das ein Einverständnis fuer irgendetwas. Der Mann packte Jan mit so sicherem Griff, als hätte er das schon oefter gemacht und warf den Jungen aufs Bett – mit dem Bauch nach vorne. Jan war verbluefft, auch ueber die Hände, die sich um sein Gesäss schlangen und seine Jeans oeffneten. Hey, sagt er.

Die Hände schoben seine Jeans herunter, die Hände, die warm, aber gewalttätig waren. Der Junge bäumte sich auf, wurde aber von dem Mann nach unten gedrueckt, dabei ging sein Bademantel auf, was Jan nicht sehen konnte.

„Wenn du schreist, sagte der Mann ruhig, dann werden sie wieder klingeln, das weisst Du!"

Mit der rechten Hand griff er nach der Tube, die neben dem Kopfkissen lag. „Du bist kriminell. Vielleicht hast du jemanden umgebracht.", sagte er immer noch ruhig, aber innerlich kochte es in ihm wie seit Monaten schon nicht mehr. Mit Zeige- und Mittelfinger holte er das Vaseline heraus.

“Du hast Angst. Nicht vor mir, vor der Polizei". Der Junge hob den Kopf und wollte sich zu dem Mann drehen. Der drueckte ihn nach unten.

Bitte nicht, rief der Junge.

Das Glied des Mannes war so hart, dass es ihm selbst schmerzte. Mit seinen Fingern schmierte er einen Oellfilm ueber seine Eichel.

Bitte nicht, flehte der Junge. Aber der Mann sagt nur: „Hoerst Du die Polizisten im Treppenhaus?"

(Fortsetzung folgt! Euer feedback? gerne an:manatwork@mail.homo.net)

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