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Fehler müssen bezahlt werden

by M231939m


Fehler müssen bezahlt werden

PROLOG

Da ist es; blitzartig und ohne Vorwarnung: dieses eigenartige, schwer zu beschreibende Gefühl, dass jemand von hinten ganz nah herantritt. Man hat nichts gehört, keinen Schritt, keinen Atemzug und doch richten sich abrupt die Nackenhaare auf, durchfährt einem die Gewissheit, dass es irgendwie zu spät ist.

Instinktiv lässt Mark den Karton, den er gerade hinten auf der Lagefläche eines Transporters verstauen wollte, los, richtet sich ruckartig auf und will sich gerade umwenden, da schließen sich schon wie eine stählerne Klammer zwei breite muskulöse Arme um seine Brust, reißen ihn hoch, nach hinten. Mit einem Ruck stößt ein Knie, ein kräftiger Oberschenkel von hinten zwischen seine Beine und er verliert das Gleichgewicht.

"He, was soll d..!" - Sein erstaunter Protest geht unter in einem dicken, seltsam riechendem Stück Stoff, das ihm hart auf Mund und Nase gepresst wird. Und während alles plötzlich weit weg zu sein scheint und er ihn einem bodenlosen Abgrund sinkt, glaubt er noch aus weiter Entfernung etwas zu hören, das nach der Stimme seines Chefs klingt: "Eigentlich schade um ihn; aber Fehler müssen bezahlt werden!"

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18 - Das Abitur gebaut - Was will man mehr?, sollte man denken. Während die Freunde durch Europa unterwegs waren, hatte Mark nur Ebbe im Geldbeutel und darum hieß es, die Zeit bis zum Studienbeginn mit Gelegenheitsjobs zu überbrücken und so die Zeit zumindest einigermaßen sinnvoll zu überbrücken.

Das Universum war eben ungerecht. Aber nur ein bisschen; denn außer mit einer ewig leeren Brieftasche hatte es Mark zumindest mit einigen anderen Vorzügen beschenkt. 1,80 groß, blond, gutaussehend, sportlich trainiert - ein Sahneschnittchen zum Anbeißen eben, der nichts anbrennen ließ; und das hatte er, der Traum aller Schülerinnen (und potentieller Schwiegermütter) im vergangenen Schuljahr auch nicht getan... Was also tun? - Der Übergangsjob im Getränkemarkt bot sich an. Getränkekästen einladen, Getränkekästen ausladen, stapeln .... nicht gerade ein Traumjob; aber Geld brachte er und dem Bizeps war auch gedient. Doch dann passierte ein Fehler, ein Fehler mit Konsequenzen, deren Bezahlung jenseits von Marks Horizont gelegen hatte...

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Igor lenkte den Transporter um die Ecke und hielt zwischen einem verwachsenen Gebüsch und einer nicht mehr benutzen Lagerhalle an. Dort hinten, jenseits des kleinen, von der Sonne verbrannten Wiesenstreifens lag der Getränkemarkt. Igor sah sich um: Gewerbegebiet, kaum Anwohner und jetzt, am späten Samstagnachmittag völlig ausgestorben. Perfekter Ort zum Einholen und Verladen der Ware. Hier würde es keine Zeugen geben, keine Störung, keine Spuren. Zufrieden schaltete er den Motor aus, zog den Zündschlüssel und stieg aus. Ah, ein wunderbar lauer Frühsommerabend. Die Fahrt hatte lange gedauert; daher schmerzten die Muskeln an Rücken und Schultern. Der fast zwei Meter große Rumäne richtete sich in seiner ganzen bedrohlichen Größe auf und streckte sich mit einem Ächzen. Der Transporter war zwar geräumig; aber für diesen Hünen auf Dauer doch eng. In einer Mucki-Bude hatte er gearbeitet, Türsteher war er gewesen, ein Jahr hatte er wegen Körperverletzung im Bau gesessen und schließlich nach seiner Entlassung von einem Bekannten dieses interessante Job- Angebot bekommen: Catcher. Zweieinhalb Jahre war das nun her. Seitdem hatte er sich quer durch Europa beim Einholen, Verladen und Abtransport besonderer Ware den Ruf von Zuverlässigkeit und Diskretion erworben. Es gab keine Spuren, keine Zeugen, keine Fragen. So würde es auch bei diesem Auftrag mitten in der deutschen Provinz sein. Mit wiegendem Schritt, die Arme in den Schultern kreisend, machte Igor ein paar Schritte, drehte sich dann Richtung Busch, blieb breitbeinig stehen und knöpfte sich langsam die abgewetzte alte Jeans auf. Er genoss dieses Gefühl der bevorstehenden Erleichterung. Dampfend schoss der kräftige gelbe Strahl Richtung Strauch und verschwand im Geäst. Ahh, das tat gut... Nachdem Igor sich erleichtert, sein bestes Stück wieder verstaut und mit einer Zigarette im Mundwinkel ein paar ziellose Schritte an der alten Lagerhalle entlang getan hatte, ging er plötzlich entschlossenen Schrittes auf den Transporter zu und öffnete die Beifahrertür. Auf dem Beifahrersitz lag die Mappe mit den wichtigsten Informationen zu seinem Auftrag. Einige Blätter mit Detailbeschreibung der Ware und einigen Fotos. Kurz überflog er die Notizen: Es ging also um Ware MX425. Seine Aufgabe würde es sein, Ware MX425 einzuholen, zu verladen, abzutransportieren und schließlich auszuliefern: ohne Spuren, ohne Zeugen, ohne Fragen. Igor grinste: Er war für die Qualität seiner Arbeit bekannt.

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Mark hielt inne. Müde wischte er sich müde den Schweiß von der Stirn. Der Nachmittag nahm einfach kein Ende. Seit Stunden war er damit beschäftigt, Getränkekisten hin und her zu schleppen und den Boden des Lagers zu reinigen. Die Mittagspause war kurz gewesen. Mittlerweile tat ihm jeder Muskel weh. Eigentlich Zeit für eine Pause. Aber konnte er sich die überhaupt leisten? Verstohlen blickte er sich um. Meierhofer, der Besitzer des Getränkemarktes, war nicht zu sehen. Und selbst wenn; schlimmer konnte es ohnehin nicht werden. Mark stellte den Getränkekasten zur Seite und trat auf den Hof. Die tief stehende Sonne warf lange Schatten auf den aufgesprungenen Teer. Im Hof war es warm. Müde lehnte er sich an die Treppenanlage und nahm einen Schluck aus der Wasserflasche, die er dort vor Stunden im Schatten abgestellt hatte. Lauwarm und abgestanden; aber besser als nichts. Seine Halsmuskeln knackten. Mit halb geschlossenen Augen döste er einen Moment in der untergehenden Sonne. "Hey!", hallte es über den Hof. Mark zuckte zusammen. "Hey! Pennen kannst du zu Hause! Schwing deinen Arsch in die Halle und räume die letzten Kästen weg!" - Meierhofer stand breitbeinig vor dem Bürotrakt und schob seinen Bierbauch vor. In der Hand hielt er sein Handy. Meierhofer, dieser Sklaventreiber. Wie froh war Mark vor wenigen Wochen gewesen, als er nach dem Abitur diesen Job bekommen hatte. Doch dann - dann war ihm dieser Fehler unterlaufen. Wenn er jetzt daran dachte, konnte er es immer noch nicht glauben. Wie ein schlechter Witz kam es ihm vor. Aber es war Realität. Vor eineinhalb Wochen war es gewesen. Ein Stapel Getränkekästen war durch sein Verschulden umgekippt. Und als ob das noch nicht schlimm genug gewesen wäre. Er war nicht nur umgekippt; nein; er war auf Meierhofers funkelnagelneuen BMW gekracht. Der Scheinwerfer vorne links zerbrochen, die Motorhaube zerbeult, die Windschutzscheibe zerborsten und das Bier über die Lederpolster gekippt. ---- Seither arbeitete Mark nicht nur sechs Stunden pro Tag, sondern zehn; einzig und allein um den Schaden zu begleichen. ---- "Wird's bald?!" Der ärgerliche Unterton in Meierhofers Stimme war nicht zu überhören. Mark rappelte sich auf und ging zurück in den Lagerraum. Hätte er sich beim Hineingehen noch einmal umgedreht, dann wäre Mark Zeuge geworden, wie drüben an der alten, nicht mehr benutzen Lagerhalle, jenseits der schmalen, von der Sonne verbrannten Grasfläche ein dunkler Transporter zum Stehen kam. Doch was hätte das geändert? Etwa die Einholung, Verladung und den Abtransport von Ware MX425? --- Wohl kaum!

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Meierhofer war in der Mitte des Hofs stehengeblieben. Gedankenverloren hatte er das Handy in seiner Hand hin- und hergedreht, während er dem Jungen nachschaute, der widerwillig in den Lagerraum zurücktrottete. Es wurde langsam Zeit. Drüber, jenseits der Wiese, bei der alten Lagerhalle bemerkte er einen dunklen Transporter. Einen Augenblick zog sich in seiner Brust ein Muskel zusammen. Noch war Zeit; Zeit, den Dingen einen anderen Verlauf zu geben. Noch hatte er die Zügel in der Hand. In diesem Moment summte das Handy in seiner Hand. Instinktiv blickte sich Meierhofer um, sein Herz klopfte schneller, als er auf das Display blickte und den Eingang einer sms mit fremder Nummer erblickte. Einen Moment haderte er mit sich. Dann öffnete er die Nachricht: "Ware MX425 wird planmäßig abgeholt." Ein kurzes Zögern; ein Blick hinüber zum dunklen Transporter, und zurück auf das Handy-Display --- raschen Schrittes ging Meierhofer zu dem Jungen, der im Lagerraum arbeitete. Er hatte die Zügel aus der Hand gegeben.


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Web-02: vampire_2.1.0.01
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